"Was ist besser - Linux oder Windows?"

- Mein Beitrag zu den Glaubens-Flamewars in den Internetforen dieser Welt.

Gut, man kann wirklich nicht behaupten, dass ich in dieser Frage unabhängig und unbeeinflusst wäre und in der Lage bin, eine objektive Entscheidung zu fällen. Aber ich habe wirklich mein Bestes gegeben. Ich habe mir gedacht, dass diese endlosen Diskussionen nichts bringen, und deshalb beschlossen, es einfach mal zu wagen: Ich habe den Umstieg versucht!
Ich habe es wirklich, ehrlich und nach bestem Wissen und Gewissen versucht. Und kam dabei zu meinem persönlichen Ergebnis.

Nachdem ich schon so viel über dieses "wunderbare und einfache Betriebssystem" gehört hatte, hatte ich natürlich auch gewisse Erwartungen. Wird es mit meinem bisherigen System mithalten können? Werden meine Programme dort auch laufen bzw. gibt es gleichwertige? Ist der Datenaustausch mit meinem bisherigen System problemlos möglich?

Irgendwo hatte ich gehört, dass aus dem Internet heruntergeladene ISO-Images von Software oftmals illegal seien, weshalb ich den Download-Angeboten nicht so richtig traute. Zum Glück habe ich als Student die Möglichkeit, bestimmte Software kostenlos zu Studienzwecken über die Hochschule zu beziehen. So legte ich also kurze Zeit später die CD mit der Aufschrift "Microsoft Windows 2000 Service Pack 4" in meinen PC, dem ich extra eine zweite Festplatte spendiert hatte.

Die erste große Enttäuschung traf mich noch vor der eigentlichen Installation: Windows wollte sich partout nicht auf die zweite Festplatte installieren lassen. "Macht nix", dachte ich mir und habe die erste Festplatte einfach abgeklemmt. Leider nahm ich dem Setup damit auch die Möglichkeit, sich automatisch ins Bootmenü von GRUB einzutragen, aber das störte mich nicht.
Die Installation an sich verlief zunächst relativ reibungslos, jedoch habe ich mich anfangs ziemlich gewundert, dass überhaupt keine zu installierende Software ausgewählt werden kann. Nach der Installation der Systemkomponenten wollte das System zum ersten Mal von Festplatte starten. Habe die Chance genutzt und die Hauptfestplatte wieder angeklemmt, natürlich nicht, ohne Windows manuell ins GRUB-Bootmenü einzutragen. Nach einem Rechnerneustart wählte ich dann "Windows 2000" aus und wartete... und wartetete... und wartete. Die Meldung "Microsoft Windows 2000 wird gestartet" war nun schon viele Minuten auf dem Bildschirm zu sehen, und so langsam bekam ich das Gefühl, dass dort irgendetwas nicht stimmte. Die Suche nach einer Textkonsole, auf der evtl. Fehlermeldungen stehen könnten, war leider erfolglos. Auch im Handbuch stand dazu nichts. Nach einigen Tests kam ich zu dem Schluss, dass Windows aus unerfindlichen Gründen nur von der ersten Festplatte starten möchte. "Warum nur?", fragte ich mich, während ich in der GRUB-Config die Festplattenmappings vertauschte um Windows glauben zu lassen, es befände sich auf der ersten Festplatte. Das funktionierte... guter alter GRUB :-)

Nachdem Windows wieder lief, wurde die Installation erstmal fortgesetzt. Einige Komponenten wurden noch eingerichtet, und dann startete die automatische Hardwareerkennung. Alles lief relativ reibungslos durch (abgesehen davon, dass ich ab und an mal CDs wechseln musste).

Irgendwann musste ich schon wieder neu starten. Danach musste ich das Administrator-Kennwort eingeben (so heißt root unter Windows), und dann kam ein Anmeldebildschirm. Ich war erstmal gehörig irritiert und dachte, dass da irgendwas schiefgelaufen sein muss. Die Softwareauswahl wurde mir komplett unterschlagen, ebenso die Einrichtung der unterschiedlichen Benutzer und das automatische Systemupdate via Internet. Weil im Handbuch nichts dazu stand, wandte ich mich an die Microsoft-Hotline, wo mir aber leider niemand helfen konnte. Sie verstanden mein Problem nicht.

Mangels eines anderen Benutzers, meldete ich mich schließlich erstmal als Administrator an. Und dann ging's auch schon los: "Es wurde eine neue Hardwarekomponente gefunden"... und das immer wieder! Ich dachte, die Hardwareerkennung wäre schon längst abgeschlossen gewesen? Also verbrachte ich die nächste halbe Stunde damit, eine Treiber-CD nach der anderen einzulegen und nach jedem zweiten oder dritten Treiber das System neu zu starten.
Was außerdem noch zu bemängeln wäre, ist die Hardwareunterstützung von Windows. Mein Flachbildschirm zum Beispiel wurde nicht automatisch erkannt, und ich konnte auch keine Windows-Treiber für finden. Gut, für Linux gab's auch keine Treiber, aber da hatte ich wenigstens die Möglichkeit, im VESA-Mode alle relevanten Monitordaten von Hand einzugeben und mir meinen Treiber damit quasi selbst zu "schreiben". Im Windows fehlte diese Möglichkeit; die Monitortreiber sind zwar nur Textdateien, jedoch ist der Aufbau lausig dokumentiert - nämlich gar nicht. (Überhaupt habe ich Manpages zu Systemfunktionen vergeblich gesucht.) Deshalb läuft mein schöner TFT unter Windows selbst heute noch nur mit 1024x768 Pixeln in der Standardauflösung :-/

Völlig genervt und fertig saß ich schließlich mit einem starken Kaffee am grafischen Windows-Terminal. Die Einrichtung eines normalen Benutzers erwies sich als relativ einfach (zumindest, wenn man schon einmal mit SuSEs YaST gearbeitet hat). Erschreckenderweise jedoch war dieser neue Benutzer sehr privilegiert und gehörte standardmäßig der Gruppe "Administratoren" an. Aber nach einigem Suchen fand ich Möglichkeiten, die Rechte auf ein sinnvolles Maß zu beschränken. Dann erstmal abmelden und als normaler Nutzer anmelden.

Von irgendwelchen sinnvollen Programmen war keine Spur zu sehen, nichteinmal mit der Suche. Ein erneuter Anruf bei der Hotline gab mir die Gewissheit, dass da nichts weiter mitgeliefert wird. Also selbst installieren. Blöderweise erkannte Windows meine ext3-Partition nicht als solche, weshalb ich nicht auf meine Daten zugreifen konnte. Einen mount-Befehl mit expliziter Dateisystemangabe gibt's anscheinend auch nicht. Überhaupt ist diese eigenartige Shell irgendwie zu nix zu gebrauchen... man kann einfach nichts mit machen, für jeden Mist gibt's eine grafische Oberfläche aber gleichzeitig nur einen Desktop, so dass das ziemlich schnell ziemlich unübersichtlich wird.

Ich ging jetzt also erstmal ins Internet um Firewall und Virenscanner für Windows herunterzuladen. Zu meinem Erschrecken war nichtmal ein vernüftiger Webbrowser installiert, der z.B. mit Firefox oder Opera vergleichbar wäre. Nach kurzer Suche fand ich jedoch einen rudimentären Browser namens "Internet Explorer", der zwar unglaublich viele Systemressourcen zu fressen schien, jedoch nur die grundlegendsten Browserfunktionen bot. Nicht einmal Tab-Browsing war mit diesem Browser möglich. Aber gut, im Notfall kommt man damit aus. Zum Glück fand ich schnell eine Windows-Version von Firefox 1.5 und konnte endlich anfangen, meine frisch heruntergeladenen Programme zu installieren. Die Option "Ausführen als anderer Benutzer" fand ich erst viel später (warum steht sowas nicht im Handbuch?), und eine root-Konsole habe ich auch nicht zufriedenstellend zum Funktionieren gebracht. Warum ich mich nicht einfach auf einer anderen grafischen Konsole noch einmal als Administrator anmelden kann, war mir sowieso schleierhaft. Also wurde diese Prozedur alsbald zur Routine: Abmelden, als Administrator anmelden, irgendwo 'nen Haken setzen, abmelden, als normaler Nutzer wieder anmelden.

Leider funktionierten viele Programme, die ich so für Windows gefunden hatte nicht bzw. sie stürzten immer wieder ab. Age of Empires 2 zum Beispiel. Ein Freund gab mir irgendwann den Tipp, ich sollte mich als Administrator anmelden, wenn ich vernünftig arbeiten will. Eine derartige Fahrlässigkeit wiederum wollte mir nicht in den Kopf, weshalb ich auf's Spielen verzichtete, mich weiterhin mit nicht funktionierenden Programmen herumquälte und mich regelmäßig als Administrator anmeldete, um Softwareupdates einzuspielen (z.B. für den Virenscanner).

Eines der größten Hindernisse war für mich das Ändern des Benutzerpasswortes (als Benutzer). Nachdem einige Versuche auf der Kommandozeile fehlschlugen, fing ich an, mich durch die "Systemsteuerung" zu klicken. Leider erfolglos. Erst ein hilfreicher Kommilitone verriet mir eines Tages, dass man [Strg]+[Alt]+[Entf] gleichzeitig drücken muss. Der Nutzen dieser Krücke ist mir bis heute ein Rätsel, das einfache passwd von der Linux-Konsole hätte es doch auch getan!?

Erstaunlich oft haben diverse Programme auch das grafische System zum Stillstand gebracht. Leider habe ich trotz intensiver Suche bisher keine Möglichkeit gefunden, das grafische System neu zu starten oder mich von außerhalb z.B. per SSH einzuloggen um den blockierenden Prozess zu beenden. Deshalb musste ich jedes Mal den ganzen Rechner neustarten, meistens noch unter Verwendung des Resetknopfes (überhaupt musste ich Windows ganz schön oft neu starten. Eigentlich so ziemlich nach jeder größeren Softwareinstallation).

So loggte ich mich nach etwa einer Woche immer seltener in Windows ein, und mittlerweile gammelt es eigentlich nur noch auf meiner zweiten Festplatte herum, deren Speicherplatz ich mangels ordentlicher NTFS-Treiber für Linux nicht nutzen kann.

Somit stand mein Testergebnis ziemlich schnell fest: Windows kann mit Linux noch lange nicht mithalten. Da ist noch jede Menge Entwicklerarbeit in Redmont nötig. Insbesondere die Konfiguration der grafischen Oberfläche sollte noch einmal von Grund auf durchdacht werden, denn diese sieht nicht nur sch***e aus sondern lässt sich offenbar auch nicht einfach so beenden oder neu starten. Deshalb kann ich jedem nur raten: Bleibt bei Linux und spart euch das Geld für die zweite Festplatte. Windows ist seine über 100 EUR vorn und hinten nicht wert :-(

Aber ich habe den Umstieg versucht! Ich habe es wirklich, ehrlich und nach bestem Wissen und Gewissen versucht. Und bin kläglich gescheitert.

Als ich einem Kumpel etwas später von meinem Experiment erzählte, lachte er nur und meinte: "Alle die ich kenne, die versucht haben auf Windows umzusteigen, kamen nach spätestens zwei Wochen weinend zurück zu Apfel oder Pinguin."

Somit bleibt für mich nur noch eine einzige unbeantwortete Frage: Warum arbeitet jemand freiwillig damit?